Wohnungsräumung nach dem neuen Mietrechtsänderungsgesetz
Bisheriger Rechtsstand
Bis zur gesetzlichen Neuregelung war die Räumungsvollstreckung, von der sog. „Berliner Räumung“ abgesehen, eine relativ teure Angelegenheit für Vermieter. Der Gerichtsvollzieher wurde grundsätzlich damit beauftragt, nicht nur den Mieter vor die Tür zu setzen, sondern musste auch den gesamten Hausrat aus der Wohnung abtransportieren und einlagern lassen. Die hierfür erforderlichen Kosten hat der Gerichtsvollzieher von dem Vermieter vorher im Wege einer Vorschusszahlung angefordert. Bei kleinen Wohnungen betrug die Kostenvorschussanforderung einige tausend Euro, bei größeren Anwesen kam relativ schnell ein fünfstelliger Eurobetrag zusammen, bei dem der Vermieter nie sicher sein konnte, ob er diese für die Zwangsräumung verauslagten Kosten jemals von dem Mieter zurückerhalten wird.
Um diese Kostenbelastung und dieses Kostenrisiko zu vermeiden, konnte der Vermieter bereits in den letzten Jahren, wenn Mietrückstände vorhanden waren, sein sog. „Vermieterpfandrecht“ an den in die Wohnung eingebrachten Einrichtungsgegenständen geltend machen, womit der Gerichtsvollzieher nur noch den Mieter vor die Tür setzen musste und durch das Vermieterpfandrecht die Wohnungseinrichtung in der Wohnung verbleiben konnte und sich der Vermieter selber hierum kümmern musste (sog. „Berliner Räumung“).
Änderung durch das Mietrechtsänderungsgesetz
Durch das Mietrechtsänderungsgesetz ist die sog. „Berliner Räumung“ als eine Möglichkeit der Zwangsräumung gesetzlich eingeführt worden, ohne dass es noch eines Vermieterpfandrechts bedarf. Das Gesetz ist am 01.05.2013 in Kraft getreten.
Nach der gesetzlichen Regelung kann der Vermieter nach § 885 a Abs. 1 ZPO den Räumungsauftrag auf die Maßnahmen nach § 885 Abs. 1 ZPO beschränken, was im Ergebnis bedeutet, dass der Gerichtsvollzieher nur noch den Mieter vor die Tür setzt und dem Vermieter die Wohnung übergibt.
Der Gesetzgeber hat aber auch in dieser Regelung die weiteren Rechte und Pflichten des Gerichtsvollziehers und der Mietparteien geregelt.
Aufgaben des Gerichtsvollziehers
Der Gerichtsvollzieher ist nach § 885 a Abs. 2 ZPO nunmehr lediglich noch verpflichtet, eine Dokumentation der im Mietobjekt frei ersichtlichen beweglichen Sachen (Einrichtungsgegenständen) vorzunehmen. Zu diesem Zweck kann der Gerichtsvollzieher auch auf der Grundlage einer Fotodokumentation die im Objekt vorgefundenen Gegenstände protokollieren. Der Gerichtsvollzieher muss bei seiner Dokumentation aber nicht in verschlossenen Behältnissen nach Gegenständen suchen. Dieses kann im Ergebnis dazu führen, dass der Gerichtsvollzieher die in verschlossenen Behältnissen verborgenen Wertgegenstände, wie Geld, Schmuck etc. nicht mit in die Dokumentation aufnimmt. Auch über die Werthaltigkeit und Vollständigkeit der vorgefundenen Gegenstände braucht der Gerichtsvollzieher keine Aussagen abzugeben.
Darüber hinaus ist der Gerichtsvollzieher nach § 885 a Abs. 6 ZPO verpflichtet, Vermieter und Räumungsschuldner auf die Regelungen des § 885 a Abs. 2 bis 5 ZPO hinzuweisen. Mit der Dokumentation und den Hinweisen ist die Aufgabe des Gerichtsvollziehers erfüllt.
Pflichten des Vermieters
Der Vermieter kann zunächst nach § 885 a Abs. 3 ZPO alle Sachen, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung sind, jederzeit wegschaffen. Anschließend hat der Vermieter diese Gegenstände einen Monat lang aufzubewahren. Bereits hier ist dem Vermieter zu empfehlen, vor dem Wegschaffen der Gegenstände eine eigene, genaue, unter Zeugen und mit Fotos dokumentierte Liste der wegzuschaffenden Gegenstände sowie den zukünftigen Aufbewahrungsort zu erstellen. Bewegliche Sachen, an deren Aufbewahrung offensichtlich kein Interesse besteht, kann der Vermieter jederzeit vernichten. Dieses betrifft mit Sicherheit verderbliche Gegenstände, wie Lebensmittel und Unrat. Aber auch hier besteht bereits für den Vermieter die Gefahr, dass aus seiner Sicht unbrauchbare Gegenstände für den Mieter von erheblichem Wert sein könnten, sodass bereits bei der Vernichtung von Gegenständen der Vermieter außerordentlich aufpassen muss. Im Zweifel muss dem Vermieter empfohlen werden, aus Beweislastgründen zunächst alle Gegenstände des Mieters zumindest einen Monat lang zu verwahren und einzulagern.
Benötigt der Vermieter die Wohnräume zur Nachvermietung und hat er keine Möglichkeit einer Einlagerung der gesamten Wohnungseinrichtung, dann muss dem Vermieter angeraten werden, einen allgemein öffentlich bestellten und vereidigten Versteigerer mit der Erstellung eines Gutachtens über den üblicherweise zu erzielenden Erlös bei einer Pfandrechtsverwertung zu beauftragen. Anhand dieses Gutachtens kann dann nachvollziehbar festgestellt werden, was sofort als Müll zu entsorgen und was bei Nichtabholung nach Ablauf der 1-Monats-Frist im Wege der öffentlichen Versteigerung zu verwerten ist. Im Streitfall kann ein solches Gutachten für einen Vermieter entscheidend sein.
Fordert der Schuldner seine Sachen beim Vermieter nicht innerhalb der Frist von einem Monat nach der Einweisung des Gläubigers in den Besitz heraus, muss der Vermieter die nicht hinterlegungsfähigen Sachen von einem allgemein öffentlich bestellten und vereidigten Versteigerer verwerten lassen. Der Verwertungserlös ist bei der Hinterlegungsstelle des zuständigen Amtsgerichts einzuzahlen. Hinterlegungsfähige Gegenstände, wie Wertpapiere, wertvoller Schmuck und Bargeld sind sofort bei der Hinterlegungsstelle zu hinterlegen.
Hat der Vermieter weitere titulierte Forderungen, kann er mit einer vollstreckbaren Ausfertigung des Titels ggf. auf die hinterlegten Wertgegenstände zugreifen. Da auch die Kosten des Verfahrens der Mietschuldner zu tragen hat, werden auch diese Kosten von dem Verwertungserlös zunächst befriedigt.
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