Vorsorgevollmacht und Patientenvollmacht
Informationen von Rechtsanwalt Hönig Dresden zum Erbrecht
Vorsorgevollmacht und Patientenvollmacht, Betreuungsrecht
A. Betreuungsrecht – rechtliche Betreuung § 1896 BGB
Kann ein Volljähriger aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, so bestellt das Vormundschaftsgericht auf seinen Antrag oder von Amts wegen für ihn einen Betreuer (§ 1896 Abs. 1 S. 1 BGB).
Diese gesetzliche Regelung dient dazu, einem Erwachsenen, der aufgrund von z. B. Altersdemenz, psychischer Erkrankung oder aufgrund unfallbedingter schwerer körperlicher oder geistiger Behinderung und dadurch bedingter Hilfsbedürftigkeit nicht mehr in der Lage ist, seine Angelegenheiten im Ganzen oder auch nur teilweise selber zu regeln, durch das Vormundschaftsgericht einen Betreuer zu bestellen, der die Interessen des Erwachsenen wahrnimmt. Der Betreuer hat die Aufgabe, die Angelegenheiten des Betreuten, die dieser ganz oder teilweise nicht mehr besorgen kann, für diesen wahrzunehmen und als dessen gesetzlicher Vertreter für den Betreuten zu entscheiden und zu handeln. Damit kann der Betreuer z. B. die Wohnung des Betreuten kündigen, für diesen einen Heimvertrag abschließen, für diesen Sozialleistungen beantragen und das Vermögen des Betreuten verwalten. Das Gesetz regelt in den §§ 1896 ff. BGB die Art und Weise dieser Betreuung, den Umfang der Betreuung, die Auswahl des Betreuers sowie die Pflichten des Betreuers und seine Vergütung.
Diese gesetzliche Regelung ist notwendig, da selbst Ehegatten, Eltern und Kinder des Betreuungsbedürftigen kein gesetzlich ableitbares Recht zur Vertretung eines Betreuungsbedürftigen und zur Entscheidung über die Angelegenheiten des Betreuungsbedürftigen haben. Selbst wenn Ehegatten oder Kinder bereit sind, die Betreuung eines Betreuungsbedürftigen wahrzunehmen, bedarf dieses vorher einer Prüfung und Entscheidung durch das Vormundschaftsgericht, den betreffenden Angehörigen zum Betreuer zu bestellen. Das Vormundschaftsgericht muss dann auch über den Umfang der Betreuung entscheiden und hat die Betreuungstätigkeit zu überwachen.
Um dem Betreuungsbedürftigen die Möglichkeit einzuräumen, bereits zu einem Zeitpunkt, zu dem der Betreuungsbedürftige noch geschäftsfähig und entscheidungsfähig ist, für den Fall einer später eintretenden Betreuungsbedürftigkeit über deren Modalitäten entsprechend seinem Willen Vorkehrungen zu treffen, kann er eine sogenannte Vorsorgevollmacht, eine sogenannte Betreuungsverfügung und auch eine sogenannte Patientenverfügung oder auch mehrere dieser Verfügungen errichten.
B. Vorsorgevollmacht
1. Zweck der Vorsorgevollmacht
Die Vorsorgevollmacht dient dazu, eine gerichtlich anzuordnende Betreuung zu vermeiden, da nach § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB der Betroffene der Hilfe eines gerichtlich bestellten Betreuers nicht bedarf, wenn er seine Betreuung bereits über eine wirksame Vorsorgevollmacht geregelt hat. Das Vormundschaftsgericht ist dann an diese Vorsorgevollmacht gebunden und darf, soweit der Umfang der Vorsorgevollmacht reicht, keinen Betreuer bestellen.
2. Umfang
Die Vorsorgevollmacht kann den überwiegenden Teil der Vermögens- und der wirtschaftlichen Angelegenheiten des Vollmachtgebers ebenso umfassen, wie auch weite Teile des höchstpersönlichen Bereichs. Lediglich einige höchstpersönliche Rechte des Vollmachtgebers sind von Gesetzeswegen von einer rechtsgeschäftlichen Bevollmächtigung ausgeschlossen (wie z. B. Testamentserrichtung, Ausübung des Wahlrechts, etc.). Für bestimmte Rechtsgeschäfte gilt, dass diese nur durch den gesetzlichen Vertreter ausgeübt werden dürfen (z. B. Vaterschaftsanerkennung, Anfechtung der Ehelichkeit, Erb- und Pflichtteilsverzicht u. a.). Für derartige Rechtsgeschäfte bedarf es trotz Vorliegens einer Vorsorgevollmacht trotzdem der Anordnung eines gerichtlich bestellten Betreuers.
Über den Umfang der Vorsorgevollmacht kann der Vollmachtgeber selber entscheiden. Umfasst die Vorsorgevollmacht nur Teile der Vermögens- und höchstpersönlichen Angelegenheiten, so muss das Vormundschaftsgericht für die Angelegenheiten, die von der Vorsorgevollmacht nicht umfasst sind, eine rechtliche Betreuung anordnen und zur Ausübung dieser Rechte einen Betreuer bestellen. Auch hierfür kann der Betroffene Vorsorge treffen und zusätzlich eine Betreuungsverfügung errichten.
3. Inhalt der Vorsorgevollmacht
Mit der Vorsorgevollmacht kann dem Bevollmächtigen sowohl eine Generalvollmacht erteilt werden, wie auch die Bevollmächtigung zur Wahrnehmung von einigen oder sämtlichen Vermögensangelegenheiten sowie persönlichen Angelegenheiten.
Umfasst die Vorsorgevollmacht die Wahrnehmung von Vermögensangelegenheiten, so ergibt sich der Inhalt und Umfang aus der Vorsorgevollmacht. In den in der Vorsorgevollmacht aufgeführten Angelegenheiten wird der Bevollmächtigten ermächtigt, den Vollmachtsgeber rechtsgeschäftlich zu vertreten und zu entscheiden.
Die Vorsorgevollmacht kann auch persönliche Angelegenheiten, wie ärztliche Behandlungsmaßnahmen und die Unterbringung des Vollmachtgebers umfassen. Bzgl. ärztlicher Behandlungsmaßnahmen kann die Vorsorgevollmacht die Befugnis zur Einwilligung in ärztliche Behandlungsmaßnahmen und die Wahrnehmung der Rechte des Vollmachtgebers gegenüber Krankenhäusern, Ärzten, Pflegeheimen etc. umfassen. Umfasst die Vorsorgevollmacht auch das Recht, die Unterbringung des Vollmachtgebers zu regeln, so umfasst dieses Recht die Bestimmung des Aufenthaltes des Vollmachtgebers, wie z. B. die Unterbringung in einem Pflegeheim, in einer Anstalt oder der weitere Verbleib in seiner Wohnung. Entscheidet der Bevollmächtigte über Maßnahmen hinsichtlich der Unterbringung des Vollmachtgebers, dann umfasst die Vorsorgevollmacht allerdings nicht die zwangsweise Durchsetzung von Maßnahmen gegen den Willen des Vollmachtgebers (Betreuten). Diese können nur mit Zustimmung des Vormundschaftsgerichts zwangsweise durchgesetzt werden.
4. Form der Vorsorgevollmacht
Eine gesetzliche Form ist nicht geregelt. Eine Vorsorgevollmacht sollte aber zumindest schriftlich erfolgen. Empfohlen wird eine notarielle Beurkundung oder zumindest eine Unterschriftsbeglaubigung durch einen Notar, damit später keine Zweifel an der Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers zum Zeitpunkt der Vollmachtserteilung geltend gemacht werden können, die wiederum zur Bestellung eines Betreuers durch das Vormundschaftsgericht führen würde.
Es besteht zwar keine Pflicht, Vorsorgevollmachten amtlich registrieren zu lassen. Es ist aber zu empfehlen, die Kopie einer Vorsorgevollmacht beim Vormundschaftsgericht zu hinterlegen und/oder die Vorsorgevollmacht vom Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer in Berlin registrieren zu lassen, da die Vormundschaftsgerichte Anfragen über das Bestehen einer Vorsorgevollmacht vor einer Betreuerbestellung bei den möglichen Registern stellen.
C. Betreuungsverfügung
Will jemand keine Vorsorgevollmacht errichten, da er niemanden hat, dem er vollständig vertrauen kann, so kann er zumindest eine Betreuungsverfügung errichten, in der er für den Fall der Anordnung einer Betreuung Wünsche äußert, an die das Vormundschaftsgericht gebunden ist. In dieser Betreuungsverfügung kann der Betroffenen sowohl Wünsche hinsichtlich der Betreuerauswahl niederlegen, die z. B. darauf gerichtet sein können, dass die Betreuung durch einen bestimmten Verein oder durch eine bestimmte Person erfolgen soll, als auch verfügen, dass bestimmte Einrichtungen oder Personen als Betreuer ausgeschlossen werden sollen. Auch Anordnungen zur Lebensführung und Vermögensverwaltung können in einer Betreuungsverfügung aufgeführt werden.
Sämtliche dieser Anordnungen sind vom Vormundschaftsgericht und auch dem Betreuer zu beachten, es sei denn, sie würden dem Wohl des Betroffenen zuwiderlaufen oder es ist anzunehmen, dass der Betroffene seine Anordnungen in der Zwischenzeit aufgegeben hat.
Auch neben einer Vorsorgevollmacht kann eine zusätzliche Betreuungsverfügung errichtet werden, in der für alle Fälle, für die die Vorsorgevollmacht nicht ausreicht und eine Betreuer bestellt werden muss, auch hier Wünsche und Anordnungen von dem Betroffenen und späteren Betreuten berücksichtigt werden sollen, wie z. B. der Wunsch, eine bestimmte Person als Betreuer einzusetzen.
D. Patientenverfügung
In einer Patientenverfügung kann der Betroffene Vorsorge für den Fall der eigenen Einwilligungsunfähigkeit in ärztliche Behandlungsmaßnahmen treffen. Auch eine Patientenverfügung kann – wie die Vorsorgevollmacht – eine Betreuerbestellung durch das Vormundschaftsgericht entbehrlich machen und dient dazu, den Patientenwillen, den dieser zu einem Zeitpunkt geäußert hat, als er hierzu noch in der Lage war, in seinem Interesse umzusetzen. In der Patientenverfügung legt der Patient (beschränkt auf medizinische Vorgänge) seinen Willen im Voraus für den Fall des Eintritts einer bestimmten Situation nieder.
Grundsätzlich bedarf jeglicher ärztliche Eingriff der Einwilligung des Patienten. Dieses gilt auch für lebenserhaltende oder lebensverlängernde Maßnahmen, da eine Einwilligung von einem Patienten nur erteilt werden kann, der einwilligungsfähig ist und ärztlich aufgeklärt wurde. Mit der Patientenverfügung kann damit der zukünftige Patient seinen Willen für eine künftige Behandlungssituation dokumentieren, wenn er als Patient selber nicht mehr in der Lage ist, in ärztliche Maßnahmen einzuwilligen oder diese Einwilligung zu verweigern.
Auch im Rahmen einer Patientenverfügung kann der Vollmachtgeber eine Person bestimmen, die seinen Patientenwillen zum Ausdruck bringt. Weiter können in einer Patientenverfügung für bestimmte Behandlungssituationen konkrete Anweisungen gegeben werden. An Patientenverfügungen sind Arzt und Betreuer gebunden.
Lediglich dann, wenn Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigter und Arzt über die Auslegung der Patientenverfügung und darüber, ob eine Behandlung abgebrochen werden soll, uneinig sind, bedarf die Einwilligung des Vertreters in den Behandlungsabbruch oder die Durchführung der Behandlung der Zustimmung des Vormundschaftsgerichts.
Wird eine sogenannte Vorsorgevollmacht mit einer Patientenverfügung kombiniert, schöpft der Betroffene die derzeit bestehenden Möglichkeiten zur Wahrnehmung seiner Interessen am effektivsten aus, weil er damit sicherstellen kann, dass seinem eigenen Patientenwillen/seinen Interessen von einer Person des Vertrauens Geltung verschafft wird.
E. Weitere Informationen
- Broschüre „Vorsorge für Unfall, Krankheit und Alter“, Herausgeber: Bayerisches Staatsministerium der Justiz, (Download www.justiz.bayern.de )
- Broschüre „Patientenverfügung“, Herausgeber: Bundesministerium der Justiz, (Download www.bmj.de )
Die wiedergegebenen Texte sind nach bestem Wissen erstellt worden. Aufgrund des ständigen Wandels der Rechtsprechung und der Gesetzgebung und der Beurteilung von Einzelsachverhalten durch die Gerichte müssen wir Sie darauf hinweisen, dass wir für die Übertragbarkeit der gerichtlichen Entscheidungen auf einen anderen Einzelfall und die weitere Rechtsentwicklung jegliche Haftung und Gewähr ausschließen.